Freitag, 31. August 2018

Tag 3: Freitag, Weiterreise nach Shatili

Unser Rittführer Dato will uns um 10 Uhr abholen.
Wir stellen unser Gepäck in den kleinen Vorhof und frühstücken gemütlich, da heisst es plötzlich um kurz vor 10 Uhr: "Dato ist da!" Huch, das passt jetzt überhaupt nicht zur georgischen Zeitrechnung, nach der wir frühestens um 10:30 Uhr mit ihm gerechnet hätten. Ob es daran lag, dass er den Winter über im "pünktlichen" Deutschland gearbeitet hat?
Freudig begrüßen wir den "George Clooney" unter den Georgiern und während unser Gepäck auf dem Dach landet, machen wir es uns - soweit möglich - im Innenraum bequem.

Wir fahren quer durch Tbilisi und halten etwas außerhalb an der "Tbilisi-Mall" wo Dato und Eva im großen Supermarkt das Essen für die nächsten Tage einkaufen wollen. Die Ansage für die Zelttour "morgens gibt es Haferflocken und Abends Tütensuppe" hat bei uns ein etwas mulmiges Gefühl hinterlassen. Es war zwar klar, dass wir leichtes Essen mitnehmen müssen, aber zur Sicherheit kauft noch jeder ein kleines Paket Kekse, Müsliriegel und was man sonst noch so "im Notfall" zu Essen brauchen kann.
Die Tbilisi-Mall passt so gar nicht zu den restlichen Geschäften, die wir bisher gesehen haben: Sie ist ein Einkaufszentrum, welches problemlos mit dem einer deutschen Großstadt mithalten kann. Geschäfte, Boutiquen; hier shoppen nur die reicheren Georgier; die anderen kommen höchstens zum Schauen und Staunen.


Nachdem wir den in den 70er Jahren errichteten Zhinvali-Stausee passiert haben, ist es recht bald vorbei mit den befestigten Straßen. Nur noch um die 100 km bis Shatili. Macht aufgrund der Straßenverhältnisse ca. 4,5 Stunden Fahrtzeit!

Mitten im Nirgendwo erscheint plötzlich ein großes Betongebäude und riesige Tunnelröhren: Anfang der 80er startete hier ein etwas verrücktes Eisenbahn-Tunnelprojekt quer durch den Kaukasus, welches bereits Ende der 80er wieder aufgegeben wurde.




An der letzten Einkaufsmöglichkeit vor Shatili, dem "Market" in Barisakho (im Tante-Emma-Laden-Stil) gönnen wir uns ein Eis, während eine Schaf-und Ziegenherde mit Eseln und Hunden vorbeizieht.





Der nächste Halt ist der über 2700 Meter hohe Bärenkreuzpass. Dort gibt es inzwischen Info-Schilder, Verhaltensregeln für den Khevsureti-Nationalpark, etc. In 5 Jahren wird hier sicher alles voller Touristen sein. Noch genießen wir alleine den schönen Rundumblick auf mehrere "3000er" und grinsen nur, als Eike und Claudia auf einen Bergpfad deuten und überzeugend feststellen "Also da kann aber kein Pferd lang!"



Spätnachmittags treffen wir in Shatili (je nach Jahreszeit zwischen 5 und 40 Einwohner) ein. Auch hier hat sich innerhalb der letzten 12 Monate einiges getan: Wanderschilder und Infotafeln, neue Hostels, Dorfbewohner, die am Renovieren und Aufrüsten sind.




Unverändert hingegen die vielen Wehrtürme aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes stehen und gleichzeitig unsere Unterkunft sind.






Während Nino das Abendessen auftischt, beginnt die georgische "Bescherung": Kein Mensch benötigt 10 kg Handgepäck und 30 kg Koffer für eine 11-tägige Reise... es sei denn man transportiert darin Halfter, Gebisse, Vorderzeuge, Hufschmiedewerkzeug etc. als Gastgeschenke. Aus den georgischen gestandenen Männern werden plötzlich kleine Jungs, die sich freuen, als wenn sie soeben ihre erste Spielzeugeisenbahn bekommen hätten. Wir freuen uns auch. Über die sich freuenden Männer und über das tolle Essen, was wir die nächsten Tage mit Sicherheit vermissen werden.




Nach dem panischen Packtaschen-packen lassen wir den Abend traditionell auf dem Balkon unseres Wehrturmes mit Blick auf die vom Mondschein erleuchteten Nachbarwehrtürme ausklingen. Um halb zwei bekommt der "harte Kern" Ärger, dass es zu laut sei. Also ab ins Bett um am Morgen pünktlich um 9 Uhr mit gepackten Packtaschen am Frühstückstisch zu sein.




Donnerstag, 30. August 2018

Tag 2: Donnerstag, Chillen und Sightseeing in Tbilisi

Wir schlafen aus, verschlafen beinahe allesamt das Frühstück und machen uns anschließend auf den Weg Richtung Innenstadt. Muskelkater! Jetzt schon. Wie soll das bloß in den Bergen werden...?


Heute haben wir keine großen Sightseeing-Pläne mehr, darum lassen wir uns gemütlich treiben und bummeln durch die Stadt. Eine Stadt im Umbruch: Halb zerfallene Gegenden neben Gebäuden mit westeuropäischem Standard.



Vorbei an ein paar Sehenswürdigkeiten, mitten durch die Touri-Meile, immer weiter folgen wir Eva.
Wir erreichen einen großen georgischen Trödelmarkt mit allerlei "interessanten" Dingen: Von Äxten und Beilen bis zu Gewehren, Gasmasken, Trinkhörnern, altem Geschirr und Porzellan, etc. ist hier quasi fast alles zu finden. Nahtlos folgt der Übergang in den "Künstlerbereich", der voll von wunderschönen Bildern verschiedenster Arten und Stilrichtungen ist. Jeder von uns hat binnen weniger Minuten sein persönliches Lieblingsbild für Küche, Wohn-oder Schlafzimmer gefunden und wir beginnen zu rätseln, ob der Platz in unseren Koffern auf dem Rückweg nicht vielleicht doch ausreichend sei...

Eva führt uns weiter durch große Straßen und kleine Gassen. Cafés und Bäckereien laden zum Verweilen und Stärken ein und natürlich können wir nicht widerstehen.
Zurück am Hostel ruhen wir uns etwas aus und schlemmen am Abend wieder im gleichen Restaurant wie am Vortag.



Der Verdauungsspaziergang führt uns wie bereits im Vorjahr in das jüdische Viertel und zum Wasserfall. Natur und Großstadt sind wieder nur wenige Meter auseinander; unterschiedliche Religionen ebenso. Für uns bleibt Tbilisi die Stadt der Gegensätze.










Mit einem "Ludi" (georgisches Bier) setzen wir uns auf die Dachterrasse unseres Hostels und lernen unsere weiteren Mitreisenden Eike und Claudia kennen. Nach unseren Berichten zur Reittour vom letzten Jahr wirken die beiden mit der Zeit immer verschreckter. Das wiederum macht uns etwas Sorgen: Hoffentlich wissen die Zwei, auf was sie sich da eingelassen haben? Das mit "Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie Kondition und Durchhaltevermögen" als Grundvoraussetzung war definitiv kein Scherz und kann im Gebirge auf 3000m problematisch werden, wenn dadurch ggf. das Tagesziel nicht vor dem Dunkelwerden erreicht werden kann...
Ein letzter Blick auf Tbilisi - solch lebendige Aussichten werden wir die nächsten Tage voraussichtlich nicht mehr haben.

Mittwoch, 29. August 2018

Tag 1: Mittwoch, Ankunft und Sightseeing in Tbilisi

"Aaah, die Distanzreiter?!"
Während wir nachts um halb zwei dem Strom der ebenfalls ausgestiegenen Passagiere am georgischen Flughafen in Kutaissi folgen, schauen wir irritiert zur Seite und erblicken zwei uns unbekannte deutsche Frauen, die uns viel Spaß wünschen und dass wir doch unbedingt über unsere Zelttour berichten sollen. Sie selber waren gerade von ihrer "kleinen" Reittour zurück und auf dem Rückweg nach Deutschland. Wir rätseln kurz, woran man uns wohl als "die Distanzreiter" erkannt hat und eilen aufgrund der 1-stündigen Flugverspätung weiter zur naheliegenden Bushaltestelle. Das im Gras liegende Pferd - 20 Meter entfernt vom Flughafengebäude - sorgt nur noch bei Silvi für fassungsloses Staunen. Wir anderen haben bereits im Vorjahr festgestellt, dass meist nicht die Bereiche, in denen die Tiere sich aufhalten sollen eingezäunt werden, sondern die Bereiche, die sie nicht betreten dürfen.
Der Bus steht bereit und es geht los auf die 5-stündige Fahrt zur Hauptstadt Tbilisi. Nach einer Stunde die erste Pause an einem Kiosk. Draußen erfahren wir, dass wir eine Panne haben: Kühlwasser tritt aus und der Ersatzbus komme in einer halben Stunde. Nach georgischer Zeitrechnung bedeutet das: Ein Ersatzbus wird kommen... frühestens in einer Stunde! Zeit für den ersten Katchaphuri, eine Art georgischer kalorienreicher Käsepfannkuchen. Wenig später verlassen auch Silvia und Sigrun etwas verschlafen den Bus und nicken nur stumm, als wir von der Panne und dem Ersatzbus berichten. Auch sie wundert es nicht, dass der Ersatzbus erst nach 1 h 20 min eintrifft und wir irgendwann am Morgen im heißen Tbilisi ankommen.
Nach kurzer Überlegung beschließen wir, die geschätzten 1200 m zu Fuß zum Hostel zu gehen und bereuen bei den ersten Treppenstufen bereits, dass wir unsere Koffer mit georgischen Mitbringseln in Form von Halftern, Gebissen und Kleidung bis zum Bersten gefüllt haben. Völlig durchgeschwitzt erreichen wir nach dem letzten steilen Anstieg die angepeilte Adresse und treffen im Hostel freudig auf Eva, die in unseren Augen beste Reiseleitung, die man sich in Georgien vorstellen kann.

Nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, beschließen wir bei den doch recht heißen Temperaturen gemütlich durch den naheliegenden botanischen Garten zu schlendern.
Statt im botanischen Garten landen wir jedoch bei der Ruine Nariqala, (erbaut im 3. Jahrhundert) auf dem Gipfel des Sololaki Gebirgskamms mit herrlicher Aussicht auf Tbilisi, kraxeln dort in der prallen Hitze auf den alten Mauern, erreichen weiter bergauf die "Mother of Georgia", das Wahrzeichen von Tbilisi und steigen endlich hinab in den über 128 ha großen botanischen Garten. Bergauf und bergab laufend (soviel zum Thema "gemütlich schlendern") schauen wir uns die unterschiedlichsten Themenbereiche, den Bambuswald, Wasserfall, usw. an.


 


 


Für das Abendessen bekommen wir eine Empfehlung von Eva. Selber hätten wir dieses nette Restaurant mit guter georgischer Küche (Kinkhali, Katchaphuri,...) nie entdeckt. Wir erweitern unseren georgischen Wortschatz, bestellen zum Trinken "otchi ludi" und wünschen uns einen tollen Urlaub "Gargimadschos!"



Nach dem Essen schaffen wir ("wenn wir schonmal hier sind!") noch den Anstieg zur weithin sichtbaren Sameba-Kathedrale. Ausnahmsweise kein altes Bauwerk, sondern 2004 aus Privathand fertiggestellt als "Symbol der nationalen und religiösen Wiedererstehung Georgiens"



Über die Friedensbrücke -auch ein Teil des modernen Georgiens- gelangen wir in den Rike-Park und vorbei an bunten Wasserspielen zur Seilbahn, die uns auf den Sololaki-Gebirgskamm zur Statue "Mother of Georgia" bringt.





Von dort genießen wir die nächtliche Aussicht auf die Stadt: Neben den alten und tlw. halbzerfallenen Wohnungen stehen moderne neumodische Gebäude. Überall Musik, viel Verkehr auf den Straßen. Eine gegensätzliche leuchtende und wahnsinnig lebendige Stadt.
 
Blick auf die bunte Stadt (hellblau die Friedensbrücke, hinten rechts die riesige Sameba-Kathedrale)

10m weiter, auf der anderen Seite des Bergkamms herrscht totale Finsternis. Beim über die Mauer beugen hört man statt der Stadt nur die zirpenden Zikaden und die Wasserfälle des botanischen Gartens.

Von der Dachterasse des Hostels aus lassen wir den anstrengenden ersten Tag noch einmal Revue passieren und genießen den wundervollen Ausblick auf die Stadt.