Samstag, 1. September 2018

Tag 4: Samstag, Erster Reittag

Das Frühstück von Nino ist wieder wahnsinnig toll. Wir genießen es, uns durch die große Auswahl noch einmal richtig satt zu essen, um gestärkt in den ersten Reittag zu starten.
Nachdem wir letztes Jahr die "Weichei-Tour" gewählt haben, wo man täglich wieder nach Shatili zurückkehrt, wollten wir dieses Jahr unbedingt einmal nach "ganz oben". Das funktioniert nur, wenn man mit Zelt unterwegs ist. 6 Tage ohne Zivilisation; Luxusurlaub ist was anderes .



Während wir gegen 10 Uhr abrittfertig mit unserem Gepäck bei den Pferden eintrudeln, fangen Dato und seine Helfer erstmal mit dem Beschlagen an.




Chillen und Warten. Eine Stunde später erwähnt Eva, der Abritt sei ursprünglich für gegen 12 Uhr geplant. Wir schließen Wetten ab, dass dieses nicht vor 13 Uhr der Fall sein wird.




Da am Abend das Shatiloba, ein großes Dorffest stattfindet und am nächsten Tag ein Pferderennen über 5km geplant ist, ist das sonst so beschauliche Shatili lebendig geworden. Die Vorbereitungen laufen, Stuhlreihen und Zelte werden aufgestellt, junge Leute in Tracht, kleine Kämpfe; das ganze hat so ein bisschen was von einer Mittelalter-Veranstaltung.

Wir warten weiter und diskutieren über unsere Wunschpferde, da wir die meisten bereits vom Vorjahr kennen.
Als relativ kleiner und leichter Reiter ist es ein Irrglaube zu denken, man bekomme auf Wanderritten daher grundsätzlich ein nettes kleines kompaktes Pferdchen. Nein; es ist grundsätzlich das jüngste! Und in diesem Fall auch das größte. Der schlaksige braune Kabardinerhengst ist seit kurzem neu mit dabei und ich seine erste "Touristin".




Um 15 Uhr starten wir zu Fuß bergab, steigen unten am Fluss auf und reiten los. Nach ca. 200 Metern erreichen wir das Fest. Und während wir noch am Überlegen sind, was unsere Einsamkeit gewohnten Bergponys wohl zum Festzelt, der Musik und dem Menschenauflauf sagen, heißt es "Absteigen und Warten!"






Das Pferderennen ist zeitlich umgelegt worden und verläuft auch noch genau auf den 5 Kilometern, die wir entlang reiten wollen. Ab in den Hang, Pferde grasen lassen, georgische Musik hören, den tollen Ausblick auf die Wehrtürme von Shatili genießen...


Nach einer Stunde haben wir uns sattgesehen, würden dann doch gerne mal los und versuchen herauszufinden, wann das Rennen denn überhaupt endlich mal startet. "Dann, wenn der Hubschrauber mit dem Premierminister abhebt." WANN das sein wird, weiß hingegen keiner. Genausowenig erfolgreich ist die spontane Umfrage unter der Bevölkerung, wie denn eigentlich der Premierminister mit Namen heißt.


Kurz vor 17 Uhr fliegt ca. 50 m entfernt ein Hubschrauber vorbei; keine 15 Minuten später galoppieren in kurzem Abstand die sieben Teilnehmer des Pferderennens ohne Sattel ins Ziel. Man braucht kein Distanzreiter zu sein, um die deutlichen Taktunreinheiten zu erkennen, dass die Hälfte der Pferde im Ziel lahm sind und wir verstehen, warum Datos Nichten die Frage nach der Nicht-Teilnahme von Dato und seinen Pferden mit "Dato says, it´s not good for the legs" beantwortet haben.

Kurz nach 17 Uhr starten wir somit auf unseren Wanderritt.
8 Menschen, 8 Reitpferde und 2 Packpferde.
Das mit "Gas, Bremse und Lenkung" funktioniert bei meinem Kabardiner vorerst nur zeitverzögert. Die Antwort auf die vorsichtige Frage, seit wann der Jungspund denn unter dem Sattel sei, lässt mich beschließen, dass mein Regenmantel definitiv fest verzurrt am Sattel bleibt... und die Sache mit dem Helm auf dem Kopf trotz der Hitze vielleicht doch ganz sinnvoll sein kann.

Aufgrund der vollgepackten Packpferde ist nur Schritt möglich. Wir folgen der Straße (in Deutschland würde man es "sehr schlechter Schotterweg" nennen) und dem Fluss Andakistskali; vorbei an Necropoli of Anadoti, den Grenzposten an der tschetschenischen Grenze, dem Bergdorf Mutso, geraten in die Dämmerung und schließlich in die totale Finsternis.

Es ist eisig kalt, als wir an einer steinigen Wiese am Fluss, unterhalb des verlassenen Bergdorfes "Ardoti" Halt machen und unsere drei Zelte aufbauen. Abendessen gibt es heute in kalt (u.a. Khatchapuri, Reiswaffeln, Eier, Reste vom Frühstück), Feuer fällt aus, es herrscht der allgemeine ab-in-den-warmen-Schlafsack-Wunsch.
Etwas entfernt von den Zelten hocken wir uns an den Weg und bewundern noch den sternenreichen georgischen Himmel, beschließen, dass die Lichter am Nachbarberg ganz sicher nicht von dem bösen mordenden Hirten kommen, freuen uns, dass wir Lisa, Datos Hund als Nachtwache haben und kriechen pünktlich zur Geisterstunde in den Schlafsack.

Das "Regenschirmzelt"
am nächsten Morgen


Eine Stunde später hört man aus dem Distanzreiterzelt  zweimal lautes Fluchen und ein nichtendendes Gelächter: Es reicht nicht aus, dass wir wie die Heringe in der Dose in dem Dreimann- (Dreikinder trifft es eher) Zelt liegen; nein, unser Zelt besitzt eine Art "Regenschirmkonstruktion": Einfach aufzubauen... aber mit der Eigenschaft, dass es sich genauso einfach selbstständig wieder zusammenklappt.
Also raus aus den Schlafsäcken, Notfallkonstruktion bauen, weiterschlafen.





Heute - auf ca. 1500m - frieren wir noch nicht.



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