Montag, 3. September 2018

Tag 6: Montag, Dritter Reittag

Die inneren Uhren ticken unterschiedlich. Während das andere 3er-Zelt am Abend meist recht früh in den Schlaf fällt und dafür auch am Morgen ebenso früh schon wieder munter ist, weckt uns erst die Sonne, die das Zelt so aufheizt, dass es mit drei Personen und drei dicken Schlafsäcken tatsächlich zu warm wird.
Aufgrund des Wetters und der Temperaturen beschließen Silvia und ich die Chance noch ein letztes mal zu nutzen und die Haare im Fluss zu waschen. Die nächsten Tage wird es dafür vermutlich zu kalt sein.

Gegen 9 Uhr treffen alle nach und nach beim Frühstück ein. Anschließend Abwasch, Einpacken und Pferde einsammeln, die teilweise angepflockt im Hang stehen oder aber frei herumlaufen. Kurz nach dem Losreiten fällt Dato auf, dass sein großes Messer fehlt. Bei der Suche taucht stattdessen Claudias Falttasse wieder auf. Nach ein paar weiteren Minuten dann die Erleichterung: Das Messer wird von Eike entdeckt und wir können unseren Weg fortsetzen.

Wir folgen einem steinigen Seitenbachtal bergauf.


Bis es wieder heißt "Absteigen und Führen!"
Sigrun und "Nuschka"geben alles ..auf den ersten 10 Metern
Dato leitet sein Pferd und die Packpferde den schmalen unwegsamen Weg bergauf, wir anderen folgen mit ausreichend Abstand, um nicht plötzlich mitten in schwierigen Passagen anhalten zu müssen. Ein Teil verflucht sich, warum er seinem guten Vorsatz "Für den Urlaub müssen wir unbedingt trainieren, sonst geht uns am Berg die Puste aus!" nicht ein einziges mal nachgekommen ist, stellt nach 20 Metern auf eine sich grausam anhörende aber durchaus effektive Hechelatmung um und kämpft sich bergauf. Ein anderer Teil zweifelt an Kraft und Lunge und beschließt lieber langsam, dafür sicher nach oben zu gelangen.






Irgendwann wird der Weg einfacher und wir steigen wieder auf. Es geht weiterhin stetig aufwärts. Bäume gibt es bald nicht mehr, Büsche verschwinden auch, irgendwann wächst nur noch kurzes Berggras. Eine letzte Pause bevor auch dieses verschwindet.




Wir reiten geradewegs gen Himmel und irgendwann sind wir tatsächlich ganz oben - auf dem Bergkamm. Berge soweit das Auge reicht, und wir mittendrin, irgendwo im Nirgendwo. Die Aussichten sind unglaublich und wir können uns gar nicht sattsehen; versuchen das ganze zu Fotografieren  - erfolglos.






























Die Passagen zum nächsten Berg werden schwieriger; es muss lange geführt werden und wir fragen uns, wie es physikalisch möglich ist, dass unsere Pferde uns trittsicher wie Gämsen folgen, während wir in den waagerechten und senkrechten Schrägen selbst im Vierfüßlerstand oder auf dem Po rutschend nur unsicher vorankommen. Bei manchen reicht das Vertrauen in sich selbst und in die Pferde nicht aus und wir kommen nur langsam voran.























Gegen Nachmittag zieht der Himmel zu und es fröstelt. Windig und kalt war es schon den ganzen Tag und die Fleece-und Windjacken sind bereits vor einiger Zeit aus den Satteltaschen ausgezogen um die Zwiebelschicht zu erweitern. Dann die ersten Regentropfen. Vorsichtig knote ich den großen Regenmantel hinten am Sattel auf und gucke fragend zu Eva, die grinsend meint "Ganz sicher kennt der das, die kaukasischen Männer tragen schließlich alle beim Einreiten Regenmäntel" Als ich den noch zusammengerollten Regenmantel vorsichtig seitlich herunterhängen lasse, stoppt mein "Kleiner" kurz, stellt erleichtert fest, dass es doch nicht der Mensch ist, der da seitlich am Sattel hängt und setzt seinen Weg unbeirrt fort - trotz "Einfädelprobleme" meinerseits in den halbzugeknöpften vom Wind herumflatternden Mantel. Auch wenn er optisch so gar nicht mein Pferdeschema erfüllt; die Trittsicherheit und Besonnenheit machen das wieder wett und trotz langsam eintretender Müdigkeit weiß der junge Kabardinerhengst genau, wo er seine Hufe zwischen die Felsen platzieren muss.





Wir erreichen unser Tagesziel und Dato stellt fest, dass wir doch noch weiter müssen: Die Quelle ist versiegt, also so lange abwärts, bis wir das nächste Wasser finden.








Der Regen-/Hagelschauer hat inzwischen aufgehört und wir bauen ganz ganz schnell unsere Zelte auf und verstauen alles so regensicher wie möglich. Gerade noch rechtzeitig, denn der nächste Schauer ist schon im Anmarsch und so flüchten wir ins Zelt, welches wir beschließen wetterbedingt heute nicht mehr zu verlassen.
Innerlich auf unsere eigene "Notfall-Essensration" eingestellt klopft es eine halbe Stunde später plötzlich am Zelteingang "Zimmerservice! Essen ist fertig!" Eva hat tapfer im nachbarlichen Vorzelt gekocht und Claudia macht gerade den "Regenponcho-Test" und serviert uns mitten im Regen drei Schüsseln heißen gut gewürzten Reis mit Mais und Thunfisch. Das gibt Tausend Bonuspunkte! Fünf Minuten später wird der Gurkensalat serviert, weitere fünf Minuten später kommt der Reisnachschlag und zu guter Letzt der "Abwaschservice".
Währenddessen werden die ersten strengen Zeltregeln eingeführt (und rigoros durchgesetzt!) "Nicht das Innenzelt gegen das Außenzelt drücken! Wenn das Innenzelt das Außenzelt berührt regnet es dort hinein!" Oder um es mit Sigruns Worten zu sagen: "Also wenn wir dieses kleine enge Zelt zu dritt die nächsten Tage bewohnen ohne uns zu streiten... dann sind wir wirklich Freundinnen!" Die kommenden 13 Stunden gibt es glücklicherweise keine Toten oder Verletzten im Distanzreiterzelt. Dafür die Feststellung, dass der Mittelplatz manchmal recht eng werden kann...

Diese Nacht bleibt trocken: Gewittergrummeln und Wetterleuchten bleiben in den Nachbarbergen hängen; dennoch sorgen Feuchtigkeit und Kälte auf 2700 Metern für frierende Zeltinsassen.

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